Montag, 22. November 2010

Wind: Windlasten, Winddruck, Windsog - DIN1055-4

Wind: Windlasten, Winddruck, Windsog

Auf jedes Flachdach wirken Windkräfte ein. Die sogenannten Windlasten ergeben sich aus natürlichen Faktoren wie Windgeschwindigkeit oder Hauptwetterrichtung sowie aus den „Dachmerkmalen“, wie Höhe, Dachform, Maße und Oberflächen.

Diese Windlasten verursachen Druck-, Sog- und geringfügig sogar Reibungskräfte. In seltenen Fällen, z.B. bei teilweise geöffneten Gebäuden, kann sogar ein Innendruck entstehen. Reibung tritt parallel zur Dachfläche auf, Druck und Sog senkrecht zum Flachdach.

Soll ein Flachdach gegen die auftretenden Windkräfte gesichert werden, ist der Winddruck zur berechnen. Ist der errechnete Wert positiv, tritt tatsächlich Winddruck auf, kommt ein Ergebnis mit negativem Vorzeichen heraus, entsteht Windsog. Auf Flachdächern besteht meist ein wesentlich höherer Windsog als -druck, daher ist der geamte Flachdachaufbau gegen Abheben zu sichern. Gemäß den „Fachregeln für Dächer mit Abdichtungen – Flachdachrichtlinien“ müssen die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Dachabdichtung und der dazugehörigen Schichten gegen Abheben durch Windkräfte von dem Planer angegeben werden.

Einflussfaktoren

Um Windsoglasten theoretisch berechnen zu können, sind folgende Einflussfaktoren auf das Dach maßgeblich:
  • Geschwindigkeitsdruck q (kN/m²) in Abhängigkeit von der Windzone (geografischen Lage des Gebäudes), der Geländerauigkeit und der Gebäudehöhe
  • Aerodynamische Beiwerte cp in Abhängigkeit von Dachform, Dachneigung, Dachbereich und Unterlage
Deutschland ist gemäß DIN 1055-4 geografisch in vier Windzonen aufgeteilt, die auf einer Windzonenkarte grafisch dargestellt werden (siehe Abb. 1). Gültig sind die Werte bis zu einer Höhe von 800 m über NN - darüber hinaus werden sie mit einem Erhöhungsfaktor beaufschlagt. Auf der unten genannten Webseite des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) können Planer eine genaue Einteilung abrufen, geordnet nach Bundesländern und Landkreisen. Grundsätzlich gehört Süd- und Mitteldeutschland der Windzone 1 an, der Süden Bayerns und Ostdeutschland der Windzone 2, Nord- und Ostseeküste der Zone 3 bzw. direkt an der Nordsee, den Nordseeinseln, Fehmarn und Rügen gelegene Gebiete der Windzone 4.
Außerdem werden vier Geländekategorien (mit zwei zusätzlichen Mischprofilen) definiert:
  • Kategorie I: offene See und Seen mit mindestens 5 km freier Fläche in Windrichtung bzw. flaches Land ohne Hindernisse
  • Kategorie II: Gelände mit Hecken, einzelnen Gehöften, Häusern oder Bäumen (z. B. landwirtschaftliche Gebiete)
  • Kategorie III: Vorstädte, Industrie- oder Gewerbegebiete, Wälder
  • Kategorie IV: Stadtgebiete, bei denen mindestens 15 % der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m überschreitet
Die Verhältnisse im Übergangsbereich zwischen den Kategorien I und II beschreibt das „Mischprofil Küste“, zwischen den Kategorien II und III das „Mischprofil Binnenland“. Liegt ein Bauwerksstandort näher als einen Kilometer bei einem Wechsel von glattem zu rauem Gelände, so ist der ungünstigeren, glätteren Geländekategorie zuzuordnen. Ist der Gebäudestandort weiter als drei Kilometer vom Rauigkeitswechsel entfernt, so darf er der raueren Geländekategorie zugeordnet werden, wenn das Gebäude niedriger als 50 Meter ist. Besondere Überlegungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, sind für Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge erforderlich.

Die auftretenden Windsogkräfte auf einer Dachfläche sind unterschiedlich groß, weshalb das Dach in vier (siehe Abb. 2) bzw. bei größer als 5° geneigten Dächern in fünf  Dachbereiche eingeteilt wird:
  • Eckbereich
  • Randbereich außen
  • Randbereich innen
  • Mitten- oder Innenbereich
  • First-/ Kehlbereich bei Sattel-/ Trog-Dächern mit einer Dachneigung > 5°

Windsogsicherung durch mechanische Befestigung

Vor allem im Industriebau hat sich das System der losen Verlegung mit mechanischer Befestigung von Dachabdichtungen als ökonomisches Abdichtungssystem durchgesetzt; eine Sicherung ohne zusätzliche Auflasten ist insbesondere bei Leichtdachkonstruktionen aus statischen Gründen gefordert.

Bei der mechanischen Befestigung von Dachabdichtungen werden i. d. R. drei Befestigungssysteme unterschieden:
  • Lineare Befestigung - mit Befestigungselementen
  • Linienbefestigung - mit biegesteifen Metallprofilen
  • Feldbefestigung - mit flächig im Raster verteilten Befestigern
Die lineare Befestigung - auch Saumbefestigung genannt - wird überwiegend als Naht oder Saum mit zusätzlicher Zwischenbefestigung in der Bahnenmitte ausgeführt. Falls es aus statischen Gründen erforderlich ist, z.B. bei hohen Windsogkräften, kann eine Änderung der Bahnenbreite oder der Abstände der Befestigerreihen vorgenommen werden. Bei diesem System werden die Befestigungselemente in regelmäßigem Abstand an einem Bahnenrand gesetzt und durch die nächste Bahn überdeckt; die Abdichtungsebene entsteht durch das Verschweißen der beiden Bahnen. Beim Einbau der Befestiger durch den Verleger ist darauf zu achten, dass der Tellerrand mindestens 1 cm vor der Bahnenkante endet, denn auch bei wechselnden Verformungszuständen der Bahn unter Windlast muss der Teller vollflächig aufliegen und die Bahn am Rand zusätzlich einklemmen.

Die Lagesicherheit der Abdichtung wird bei der Linienbefestigung durch biegesteife Metallprofile hergestellt, indem zuerst die Abdichtung verlegt und verschweißt wird, um dann anhand eines Schienenplanes vom Hersteller die Befestigung vorzunehmen. Im günstigsten Fall werden so Schienenabstände bis zu fünf Metern möglich. Die unter der Abdichtung verlegte Dämmung muss ebenfalls entsprechend den Vorgaben mechanisch befestigt werden. So genannte Lastverteilplatten sind an allen freiliegenden Enden der Schienen einzusetzen: Sie federn die hier auftretenden Spitzenlasten ab und gewährleisten, dass die Schiene die Abdichtung nicht durchstößt.

Die Befestiger einer Feldbefestigung sind nach Herstellerangaben gleichmäßig im Raster unterhalb der Abdichtung oder durch die Abdichtung hindurch anzuordnen. Die optimale Verteilung der Befestiger in den jeweiligen Bereichen stellt einen Vorteil gegenüber der Saumbefestigung dar, ohne an die Vorgaben durch Bahnenbreite und Obergurtabstand bei Stahltrapezprofilen gebunden zu sein.
Die Bemessungslast in Abhängigkeit von den eingesetzten Bahnen und Befestigern ist maßgeblich für die Funktionsfähigkeit aller Systeme. Dabei werden als Standardbemessungslast (für ungeprüfte Systeme auf den üblichen Untergründen) gemäß den Fachregeln 400 N je Befestiger angegeben. Im Einzelnachweis werden jedoch häufig geprüfte Systeme mit weit höheren Bemessungslasten eingesetzt, die eine wirtschaftlichere Verlegung aufgrund der geringeren Befestigerzahlen ermöglichen.

Windsogsicherung durch Auflast

Die Verklebung der Dachabdichtung ist die am häufigsten ausgeführte Bauweise bei nicht belüfteten Flachdächern auf Betondecken (sogenannten Warmdächern). Alternativ können zur Sicherung gegen abhebende Windkräfte bei lose verlegten Abdichtungen folgende Materialien eingesetzt werden:
  • Kiesschüttungen (Körnung 16/32 mm) in einer Mindestschichtdicke von 5 cm; eine höhere Auflast kann in den Rand- und Eckbereichen erforderlich werden (dickere Kiesschüttungen oder zusätzliche Plattenbeläge)
  • Betonplatten (40/40/4 cm oder größer) als Plattenbelag auf Kies- oder Splittbett mit Schutzlage oberhalb der Abdichtung bzw. direkt auf Schutzlage (auf Stelzlagern, Mörtelsäckchen etc.)
  • Dachbegrünungsaufbau (extensiv oder intensiv); bei der Berechnung zur Sicherung gegen Windsogkräfte ist das Eigengewicht des Vegetationssubstrates im trockenen Zustand maßgebend
Das Eigengewicht von extensiven Dachbegrünungsaufbauten liegt, je nach System, bei etwa 100 kg/m² (= 1 KN/m²); dies entspricht rechnerisch einer 5 cm dicken Kiesschüttung. Bei Schüttgütern (Kies oder - insbesondere frisch aufgebrachten - Vegetationssubstraten) können in den Bereichen starker abhebender Windkräfte Verwehungen auftreten. In den Rand- und Eckbereichen ist deshalb die Verlegung von Plattenbelägen empfehlenswert. Insbesondere in der Anwuchsphase können zur Lagesicherung von Begrünungen zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden (z.B. Abdeckung durch Erosionsschutzgewebe).

Aufgrund der statischen Beschränkungen der Konstruktion können bei Leichtdächern die erforderlichen Auflasten oftmals nur in Teilflächen alleine zur Lagesicherung herangezogen werden. Ist die Auflast auf einer Teilfläche kleiner als die errechnete, abhebende Windkraft, muss die Lagesicherung des Dachaufbaus und der Abdichtung in diesem Bereich durch eine mechanische Befestigung hergestellt werden.

Widerstand gegen mechanische Beanspruchungen

Nach DIN 18531 Dachabdichtungen Teil 1 werden zwei Stufen mechanischer Beanspruchung (I und II) unterschieden. Stufe I liegt bei hoher mechanischer Beanspruchung vor z.B. bei Bewegungen der Tragschicht, die sich auf die Dachabdichtung auswirken können, bei Tragkonstruktionen aus Stahlprofilen, wenn Schalungen aus Holz oder Holzwerkstoffen als Untergrund für die Abdichtung verwendet werden, bei der Verwendung von weichen Wärmedämmstoffen, bei extensiver Begrünung sowie bei Beanspruchungen durch die Art der Lagesicherung der Dachabdichtung sowie durch Arbeiten oder sonstige mechanische Einwirkungen auf der Dachabdichtung. Stufe II liegt bei mäßiger mechanischer Beanspruchung und immer dann vor, wenn die Beanspruchungen der Stufe I nicht vorliegen oder durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden können.

Widerstand gegen stoßartige Belastung
Damit Dachbahnen mechanischen Beanspruchungen standhalten, müssen sie eine hohe Perforationssicherheit insbesondere bei stoßartiger Belastung aufweisen. Diese schützt sie vor baustellenüblichen Belastungen während der Verarbeitung bis zur Abnahme bzw. bis zum Aufbringen von Schutzschichten. Eine Bahnendicke von 2 mm und mittige Trägereinlagen reduzieren die Gefahr einer Beschädigung während der Bauzeit auf ein Minimum. Bei frei bewitterten Dachflächen sind jedoch auch die zunehmenden Unwetter zu berücksichtigen. Als Grundlage zur Bestimmung des Widerstandes gegen stoßartige Belastung von Bitumen-, Kunststoff- und Elastomerbahnen dient die Prüfung nach DIN EN 12691.