Als Estrich (althochdt.: esterih, griechisch όστρακον óstrakon Scherbe, irdenes Täfelchen, lat.: astracum Pflaster) bezeichnet man den Aufbau des Fußbodens als Untergrund für Fußbodenbeläge.
Estriche werden je nach entsprechender Art und Ausführung auch fertig
nutzbarer Boden genannt. Das schweizerische Wort für Estrich ist Unterlagsboden, das Wort „Estrich“ bezeichnet dort den Dachboden. Eine Sonderform ist der sogenannte „Nutzestrich“ oder „Sichtestrich“. Dabei ist der Estrich gleichzeitig die „Nutzschicht“ ohne Oberbodenbelag.
Estrich: Schicht oder Schichten aus Estrichmörtel, die auf der Baustelle direkt auf dem Untergrund, mit oder ohne Verbund,
oder auf einer zwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht verlegt
werden, um eine oder mehrere der nachstehenden Funktionen zu erfüllen:
- den Druck gleichmäßig auf die darunterliegende Dämmung verteilen
- gleichmäßiger Untergrund für einen Bodenbelag
- unmittelbar genutzt zu werden.
- eine vorgegebene Höhenlage zu erreichen
Estriche nach Bindemittel
Estriche können nach ihren Bindemitteln unterschieden werden.
Zementestrich (CT)
Der bekannteste Estrich ist der nach DIN EN 13 813 als CT (von Cementitious screed) bezeichnete Zementestrich. Es handelt sich dabei um einen Beton,
dessen Korngröße und Mischung auf seine spezielle Verwendung optimiert
wurden. Als grober Anhaltspunkt kann der im Baumarkt erhältliche
Fertigestrich für die Heimanwendung dienen, der eine Korngröße von bis
zu 8 Millimetern und ein Mischungsverhältnis Sand
zu Zement von etwa 3:1 aufweist. Für Industrieanwendungen kann der Sand
größer gesiebt sein und die Oberflächenfestigkeit durch Beimischung
spezieller chemischer Zusätze, wie zum Beispiel Korodur erhöht werden. Auch die Festigkeitsklassen eines Estrichs lehnen sich an jene des Betons an.
Unter der Bezeichnung ist auch das klassische Dickbett anzusehen, das auch genauso wie ein CT zu bemessen ist. Der CT ist, auch bei Einfärbung, leicht zu erkennen an seiner Reaktion mit Säuren, wie zum Beispiel Zementschleierentferner.
Vorteil des CT ist die Beständigkeit gegenüber Wasser nach der
Aushärtung. Nachteilig ist sein Verhalten auf Dämmung oder Trennlage.
Durch „Schrumpfungsvorgänge“, die sich beim Erhärtungsvorgang des
Estrichs in Kriechen und Schwinden infolge der ungleichmäßigen Hydratation
ausdrücken, ist die Feldgröße in der Regel auf 36 m² zu begrenzen, da
sich in der Konstruktion sonst unkontrolliert Risse bilden. CT ist
feuchtebeständig, kann aber wie jedes zementäre System im nassen Zustand
an Festigkeit verlieren.
Zementestrich erfordert beim Einbringen und während der Erstarrung
eine Mindesttemperatur von 5 °C (auch nachts). Während der
Erstarrungsphase darf diese Temperatur
nicht unterschritten werden, da sonst mit starken Festigkeitsverlusten
zu rechnen ist. Der Estrich ist vor Zugluft und Wassereintrag (undichtes
Dach, Auskippen von Wasser usw.) zu schützen. Die Zugluft führt durch
den Kapillarzug zu einer erhöhten Hydratation im Oberflächenbereich. Das
bedeutet, dass „oben“ ein kleineres Volumen ist als „unten“ und der
Estrich stark schüsselt. Zwangstrocknungen durch Heizungen führen zum
Abbruch der Hydratation bzw. des Kristallwachstums. Daraus resultiert
ein Schaden, wenn der Estrich Feuchte bekommt, z. B. durch Wasser aus
einem Verlegemörtel. Die Begehbarkeit richtet sich nach der Art des
Zements (CEM I, CEM II), der Dicke und den Umgebungsbedingungen. Nach 28
Tagen kann die erste Feuchtemessung durchgeführt werden.
Soll der Zementestrich mit einem Bodenbelag
versehen werden, so muss der Estrich "genügend trocken" (3.1.1 der DIN
18365 – Bodenbelagsarbeiten) sein. Nach einer Empfehlung zweier Verbände
aus dem Jahr 2007 soll die Feuchtigkeitsmessung mit der CM-Methode
durchgeführt werden. Die so genannte Belegreife soll erreicht sein,
wenn der Estrich eine Restfeuchte von maximal 2,0 CM % (unbeheizt) bzw.
1,8 CM % (beheizt) aufweist. Sowohl die Messmethode als auch die
empfohlenen Grenzwerte werden kritisiert; nach einer im März 2012
veröffentlichte Studie der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB)
und der Universität Siegen trennt der CM-Grenzwert von 2 % belegreife
Estriche nicht sicher von nicht belegreifen Estrichen. Bei diesem
Grenzwert werden auch nasse Estriche als trocken bewertet.
Schnellestriche auf Zementbasis bestehen aus Zement mit Zusätzen.
Hier gelten andere Bedingungen für die Erhärtung und die Belegreife, die
von Art und Wirkung des Zusatzes abhängt. Diese Estriche unterliegen
nicht der DIN 13 813 und gelten als Sonderkonstruktion.
Ausgestemmter Zementestrich gilt als normaler Bauschutt,
sofern keine organischen Bestandteile >5 % enthalten sind. Grundlage
dafür ist die Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV).
Gussasphaltestrich (AS)
Der wasserfreie Gussasphaltestrich (AS) (von Mastic Asphalt screed) besteht aus einem Gemisch aus Splitt, Bitumen,
Sand und Steinmehl. Da dieses Gemisch auf eine Temperatur von 230 °C
erhitzt werden muss, ist der Gussasphaltestrich beim Einbau gieß- und
streichbar und braucht nicht verdichtet zu werden. Er kann schwellen-
und fugenlos eingebracht werden. Seine geringe Wärmeleitfähigkeit und
seine trittschallmindernde Eigenschaft kann dazu führen, dass abhängig
von den bauphysikalischen Anforderungen an die Deckenkonstruktion keine
Dämmungen eingebaut werden müssen. Er ist wasser- und wasserdampfdicht
und stellt in Verbindung mit geeigneten Bitumen-Schweißbahnen oder einer
Asphaltmastix eine Abdichtung im Sinne der DIN 18195 dar.
Der AS kann als Verbundestrich mit einer Bitumen-Schweißbahn auf
hydraulisch gebundenen Untergründen und als Estrich auf Trennlage /
Dämmschicht eingebaut werden. Auch als Gussasphaltheizestrich mit
Kupferrohrleitungen.
Vor einer Belegung mit mineralischen Werkstoffen (Naturstein,
Keramik, Betonwerkstein) ist i. d. R. eine Entkopplung oder eine
Sperrschicht zu erstellen. Mörtelwasser ist hochalkalisch und kann die
Oberfläche des AS kalt verseifen und eine Anhaftung erschweren. Hinzu
kommt eine Verfärbungsgefahr durch wandernde bituminöse Stoffe. Eine
weiterer Nachteil ist die langsame Bewegung bei Wärme und statischen und
dynamischen Lasten.
Der größte Vorteil des AS ist die schnelle Belegreife, sein Nachteil
die hohen Kosten. Bei elastischen Bodenbelägen (Holz, Linoleum, PVC,
Gummi) kann es ohne entsprechende Sperrschicht zu chemischen Reaktionen
mit Weichmachern und wandernden bituminösen Inhaltsstoffen kommen,
weshalb auch dort ein entsprechender sperrender Voranstrich notwendig
sein kann.
Kunstharzestrich (SR)
Mit der internationalen Bezeichnung SR (von synthetic resin screed) werden Kunstharzestriche, in der Regel Epoxydharzestriche, bezeichnet. Aber auch Polyurethan, Polymethylmethacrylat
und andere Kunststoffe sind möglich. Diese sehr teuren Untergründe
werden nur in Sonderfällen eingebaut, zum Beispiel wenn man kurze
Trocknungszeiten oder hohe dynamische Belastbarkeit benötigt. Die
Schrumpfung bei der Polyaddition liegt je nach Produkt bei 1 bis 5
Prozent. Dies ist bei der Auswahl des Verlegematerials zu
berücksichtigen. SR ist wasserbeständig. Nachteilig sind mögliche
Gefahren durch die Härter, wie z. B. Bisphenol A.
Diese stehen in dem Verdacht, Unfruchtbarkeit zu verursachen. Auch ist
ggf. eine Änderung der Brandklasse der Gesamtkonstruktion möglich.
Polykondensate, wie Polyester, sind durch die hohe Schrumpfungsrate
nicht geeignet.
Ausgestemmter Kunstharzestrich gilt als Sondermüll und muss beim Entsorger entsprechend deklariert werden.
Calciumsulfatestrich (CA)
Als Calciumsulfatestriche (CA) werden Estriche bezeichnet, deren
Bindemittel aus Calciumsulfathalbhydrat und/oder aus wasserfreiem
Calciumsulfat (sogenannter Anhydrit)
besteht. Mit Wasser reagierend entsteht Calciumsulfatdihydrat (Gips).
Calciumsulfatestriche werden nach DIN EN 13813 mit CA gekennzeichnet und
umgangssprachlich häufig als Anhydritestrich bezeichnet.
Aufgrund des geringen Schwindverhaltens weisen CA nicht das für CT
übliche Schüsseln bzw. spätere Randabsenkungen auf und können
großflächig mit geringem Fugenanteil verlegt werden. Sie werden als
konventionell zu verarbeitender Estrich oder als Fließestrich eingebaut,
sind früh begehbar und belastbar und relativ unempfindlich gegen
Zugluft. Als Fließestriche können CA nach DIN 18560-2 auch mit CAF
gekennzeichnet werden. CAF haben die weiteren Vorteile der schnellen,
verarbeitungsfreundlichen Verlegung, der geringeren Estrichdicke und der
guten Wärmeleitfähigkeit bei Heizestrichen.
CA sind nicht wasserbeständig und dürfen keiner andauernden
Durchfeuchtung ausgesetzt werden. Sie sind deshalb nicht für den Einsatz
in gewerblichen Nassräumen (Gefälle, Abfluss) oder für Außenanwendung
geeignet. In häuslichen Feuchträumen (z.B. Bad) werden sie durch eine
Verbundabdichtung geschützt.
Bei späterer Durchfeuchtung ist ein höheres Schimmelrisiko als bei Zement- oder Gußasphaltestrich zu erwarten.
Vor Belagsverlegung bzw. Voranstrich muss der CA auf eine Restfeuchte
von 0,5 %, als Heizestrich auf 0,3 % heruntertrocknen. Die Restfeuchte
wird mit einem CM-Messgerät ermittelt.
Ausgestemmter Anhydritestrich gilt als normaler Bauschutt, wenn keine organischen Bestandteile >5 % vorhanden sind.
Magnesitestrich (MA)
Magnesitestrich MA (von Magnesite screed) ist den älteren Steinmetzen auch als Steinholz bekannt. Nach 1945 war Zement rationiert, Magnesit nicht. Deshalb ist er in vielen Altbauten zu finden. Magnesia ist vielen von Turnwettbewerben als „Trockenmittel“ für die Hände bekannt. 1867 entdeckte man, dass Magnesia mit Magnesiumchlorid
zu einer zementartigen Masse erstarrt. MA ist leicht einfärbbar und
wurde oft mit Holzmehl oder Holzstückchen vermischt. Sein besonderer
Vorteil ist die Leichtigkeit und der Einsatz als „leitfähiger
Fertigboden“. Sein großer Nachteil ist die Feuchteempfindlichkeit und
Korrosivität gegenüber Metallen, da bei Wasserzugabe das enthaltene
Chlorid und Magnesiumhydroxid „ausgewaschen“ werden und der MA aufquillt
wie ein Hefekuchen. Er darf nie direkt mit wässrigem Mörtel in Kontakt
kommen. Eine typische Verwendung heute ist die Verwendung als
Nutzestrich für große trockene Flächen.
Konstruktionsarten
Neben seiner Aufgabe als „Füll- und Ausgleichsstoff“ ist ein Estrich
vor allem als Lastverteilungsschicht anzusehen, unter der sich
Heizungen, Wärme- und Schalldämmungen befinden können. Er kann ebenso
die direkte Nutzschicht sein. Bei den Konstruktionsarten des Estrichs
wird nicht nach Estrichbindemitteln sondern nach der Bauweisen bzw. der
Konstruktionsart unterteilt.
Verbundestrich
Der Verbundestrich liegt direkt auf dem Rohbeton und ist mit diesem
kraftschlüssig verbunden. Da alle Kräfte direkt in den Untergrund
abgeleitet werden, ist die Tragfähigkeit durch den Untergrund, i. d. R.
eine Betondecke, bzw. durch die Druckfestigkeit des Estrichs begrenzt.
Hauptproblem bei der Herstellung eines Verbundestrichs ist die richtige
Untergrundvorbereitung, damit es zu keinen Hohllagen kommt. Besonders
bei hohen dynamischen Lasten ist ein Verbundestrich zu wählen.
Calciumsulfatestriche sollten nicht im Verbund verlegt werden, da bei
fehlender Heizung die notwendige Restfeuchte von 0,5 CM% i. d. R. nicht
erreicht werden kann und eine Reaktion mit dem Beton (Ettringitbildung)
erfolgt.
Estrich auf einer Trennschicht bzw. Trennlage
Zwischen Rohbeton und Estrich befindet sich eine Schicht, die keine
Verbindung zwischen den Bauteilen zulässt. Im Idealfall gleitet der
Estrich zum Beispiel auf einer zweilagigen Folie aus Polyethylen.
Das setzt einen absolut planen Rohbeton voraus, was in der Praxis
illusorisch ist. Das Kriechen und Schwinden und die damit einhergehenden
Verformungen des Rohbetons können die Ebenheit zusätzlich beeinflussen.
Das führt dazu, dass sich der Estrich nicht mehr „bewegen“ kann, sich
u. U. „einklemmt“ und schlimmstenfalls reißt. Bei einem Altbau ist das
Risiko i. d. R. nicht mehr gegeben. Diese Konstruktionsart ist die
schadensträchtigste Bauweise. Um eventuell eindringende Feuchtigkeit,
zum Beispiel aus einer erdberührenden, nicht abgesperrten Betonplatte zu
verhindern, sind Verbundabdichtungen die beste Alternative, denn ein
darauf abgestimmter Verbundestrich ist wesentlich belastbarer und
risikoärmer.
Estrich auf einer Dämmschicht („schwimmender Estrich“ bzw. „Heizestrich“)
Der Estrich liegt dabei auf einer PE-Folie und diese auf einer
Dämmplatte und wird seitlich von Dämmstreifen ummantelt, so dass
keinerlei schall- oder wärmeübertragende Verbindung zum restlichen
Gebäude besteht („schwimmen“). Die Dämmplatte kann dabei eine Trittschalldämmung und/oder eine Wärmedämmung sein. Typische Materialien für die Dämmung sind z. B. druckfestes Schaumglas oder EPS (expandiertes Polystyrol).
Hier ist die Verformungsstabilität der Dämmmaterialien ein
entscheidender Faktor. Estrichabsenkungen, z. B. durch mehr als 200 kg /
m² in privaten Küchen sind eine der Hauptschadensursachen für gerissene
Küchenarbeitsplatten oder Bodenbeläge. Im gewerblichen Bereich sind
dynamische Lasten bei einem schwimmenden Estrich wesentlich
problematischer. Im oberen Teil der Dämmschicht oder im Mörtel eines Heizestrichs werden Heizelemente bzw. Rohrschlangen für eine Fußbodenheizung verlegt. Normenrechtlich gilt die DIN 18560: Estriche im Bauwesen, neben diversen Merkblättern des ZDB (Zentralverband des Deutschen Baugewerbes) und des BEB (Bundesverband Estrich und Belag).