Dienstag, 27. Januar 2015

Die Architekten GmbH

Erhebliche und durch die Haftpflichtversicherung nur unzureichend abgedeckte Haftungsrisiken fördern das Nachdenken, ob die Ausübung des Architektenberufs in der Rechtsform der Architekten-GmbH eine echte Alternative bietet.


Hintergrund
 
Der Architektenberuf konfrontiert mit mannigfaltigen Haftungsrisiken (vgl. allgemein unter Haftung. Die Komplexität des Planens und Bauens nimmt zu. Anspruchsdenken und Prozessfreudigkeit wachsen. Die Rechtsprechung erhöht den Sorgfaltsmaßstab. Darüber hinaus ist es den vom Architekten zu erbringenden Leistungen immanent, dass sich Schäden oft in sehr großen Volumen verwirklichen; dies gilt nicht nur für Bauschäden selber, sondern auch für mögliche Folgeschäden (z.B. Gewerbestillstand wegen Einsturzgefahr). Hinzu kommen schließlich unternehmerische Risiken, insbesondere bei größeren Büros mit angestellten Mitarbeitern (Durststrecken im Auftragsbestand, Krankheit von Mitarbeitern, Computerausfall, ect.). Die Haftpflichtversicherungen des Architekten bieten hiergegen keinen lückenlosen Schutz (vgl. allgemein Haftung / Haftpflichtversicherung). Kein Architekt vermag es heute auszuschließen, dass ein Schaden entweder schon gar nicht in den Deckungsschutz einer Versicherung fällt (z.B. Neuplanung bei vernichteten Computerdateien) oder aber durch die verschiedenen Ausschlusstatbestände der Haftpflichtversicherungs-bedingungen (insbesondere bei Kosten- und Zeitüberschreitungen sowie bei "bewusst pflichtwidrigem Verhalten", vgl. hierzu Haftung / Haftpflicht / Ausschlüsse) erfasst wird. Aus vorgenannten Gründen erscheint es - natürlich unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls - durchaus angebracht, die Rechtsform der Architekten-GmbH einmal etwas genauer zu betrachten.
 
 
Hinweis
 
I. Die GmbH

Die GmbH ist eine juristische Person und damit selbständiger Träger von Rechten und Pflichten. Gesetzliche Regelungen zur GmbH finden sich insb. im GmbH-Gesetz. Die GmbH entsteht durch Abschluss und notarielle Beurkundung eines Gesellschaftsvertrages sowie durch Eintragung der Gesellschaft beim Handelsregister. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH muss gemäß § 3 Abs. 1 GmbHG mindestens enthalten:
- Die Firma und den Sitz der Gesellschaft.
- Den Gegenstand des Unternehmens.
- Den Betrag des Stammkapitals.
- Den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage (Stammeinlage).
Das Mindeststammkapital der GmbH beträgt Euro 25.000,00. Gesellschafter einer GmbH kann auch eine andere Gesellschaft sein. Die Gründung einer Ein-Mann-GmbH ist zulässig.

Die GmbH ist als eigener Rechtsträger von ihrem Mitgliederbestand unabhängig. Sie haftet für ihre Verbindlichkeiten grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen; nur in Ausnahmefällen kann es unter Umständen zu einer sog. Durchgriffshaftung auf das Privatvermögen der Gesellschafter kommen (z.B. Unterkapitalisierung, Vermögensvermischung, im Einzelnen strittig). Die GmbH hat als nach außen handelndes Organ einen oder mehrere Geschäftsführer, als willensbildendes Organ die Gesellschafterversammlung. Geschäftsführer müssen nicht unbedingt gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sein. Die Gesellschafterversammlung ist gegenüber den Geschäftsführern grundsätzlich weisungsbefugt.

Die GmbH ist bilanzierungspflichtig, eine einfache Einnahme-Überschussrechnung wie bei Freiberuflern ist nicht möglich. Gewinne der GmbH als Kapitalgesellschaft unterliegen der Körperschaftssteuer; sie werden zur Zeit mit 40 % Körperschaftssteuersatz versteuert. Nach dem z.Z. noch geltenden sog. Anrechnungsverfahren, welches eine Doppelbesteuerung von Gewinnen bei der Gesellschaft und den Gesellschaftern verhindern soll, wird im Rahmen der Besteuerung der an die Gesellschafter ausgeschütteten Gewinne die bereits von der Gesellschaft gezahlte Steuer auf die Steuerschuld der Gesellschafter angerechnet; danach ist nach der Ausschüttung von Gewinnen letztlich der persönliche Einkommenssteuersatz des jeweiligen Gesellschafters maßgebend (im Rahmen der Unternehmenssteuerreform soll das Anrechnungsverfahren durch das sog. Halbeinkünfteverfahren ersetzt werden; ob und inwieweit dieses Verfahren eine Mehrbelastung herbeiführt, ist z.Z. noch nicht endgültig abzusehen).

Die Gewinne der GmbH unterliegen darüber hinaus der Gewerbeertragssteuer; dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu dem lediglich mit der Einkommenssteuer belasteten Gewinn eines Freiberuflers dar (es gibt allerdings nicht wenig Stimmen, die die zukünftige Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler fordern). Zu beachten ist, dass ein an die Geschäftsführer ausgeschüttetes Gehalt den Gewinn und damit die (Gewerbe-)Steuerbelastung mindert, ebenso im Rahmen der GmbH mögliche Rückstellungen, insbesondere im Rahmen einer Altersversorgung. Sollte die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden, wird das GmbH-Vermögen zusätzlich zu den Privatvermögen der Gesellschafter belastet. Besondere, hier nicht weiter erörterte, Regelungen gelten für die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen (s. hierzu und allg. zu Steuerfragen auch den Beitrag von Barth und Schmidt in DAB 3/98).


II. Die Architekten GmbH

Für die Ausübung des Architektenberufs ist die GmbH als Rechtsform (inzwischen) standesrechtlich zugelassen. Allerdings ist es in den meisten Bundesländern bisher noch nicht möglich, die GmbH selbst in die Architektenliste eintragen zu lassen, eintragungsfähig sind lediglich die Architekten-Gesellschafter (vgl. z.B. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim v. 06.10.1998 - 9 S 2652/98 -). Dies hat nach den einschlägigen Architektengesetzen der Länder u.a. zur Folge, dass die GmbH das Wort "Architektur-" oder "Architekten-" oder ähnliche Wortverbindungen nicht in ihrem Namen verwenden darf (der Name "Planungs-GmbH XY" ist zulässig). Nach einem wohl von der herrschenden Meinung abweichenden Urteil des OLG Düsseldorf soll eine GmbH, die nicht selbst in die Architektenliste eingetragen ist, dennoch die von ihr erbrachten Architektenleistungen werbend als solche bezeichnen dürfen, wenn ihre Geschäftsführer sämtlich in die Architektenliste eingetragen sind (Urteil vom 28.11.1995 - 20 U 25/95 -, OLGR Düsseldorf 1996, 81).

Die fehlende Eintragung in die Architektenliste hat weiterhin zru Folge, dass die GmbH selber nicht bauvorlageberechtigt ist. Wird über das Vermögen einer GmbH, die Architektenaufgaben wahrnimmt, das Konkursverfahren eröffnet, rechtfertigt dies nicht die Streichung des geschäftsführenden Gesellschafters dieser GmbH aus der Architektenliste (OVG Saarland, Urteil vom 08.09.1994 - 1 R 30/94 -, NJW-RR 1995, 505). Ob und inwieweit neben Architekten auch Träger anderer Berufe standesrechtlich zulässig Gesellschafter einer GmbH werden können, ist bislang noch nicht vollständig geklärt.

Wie inzwischen von der Rechtsprechung klargestellt, ist die HOAI ohne weiteres auf Architektenleistungen anwendbar, die von einer Architekten-GmbH erbracht werden. Ebenso kann eine Architekten-GmbH unproblematisch an Wettbewerben teilnehmen (vgl. Ziff. 3.2.1 Abs. 2 GRW 95, § 23 Abs. 3 VOF). Zu beachten ist, dass die GmbH nicht urheberrechtsfähig ist; das Urheberrecht für ein urheberrechtsschutzfähiges Werk verbleibt bei den Architekten, der GmbH können aber Nutzungsbefugnisse übertragen werden.

Die Architekten-GmbH kann - und muss - eine eigene Haftpflichtversicherung abschließen. Die Architekten-GmbH ist grundsätzlich Pflichtmitglied der Industrie- und Handelskammer und hat entsprechende Beiträge zu leisten; diese sind unabhängig von den Beiträgen der Gesellschafter-Architekten (oder ggf. einer in die Architektenlisten eingetragenen GmbH) zur Architektenkammer. Erbringt die Architekten-GmbH Architektenleistungen gegenüber Gewerbetreibenden, so verjähren ihre Forderungen - anstatt wie sonst in zwei - in vier Jahren.


III. Zusammenfassende Beurteilung und Empfehlung

Wie eingangs erwähnt, wachsen die Haftungsrisiken von Architekten nicht unerheblich. Die Haftpflichtversicherungen bieten keinen lückenlosen Schutz. Vor diesem Hintergrund erscheint die GmbH als probates Mittel zur Haftungsbegrenzung.

Von vorherein sollte aber auch klar sein, dass die Rechtsform der Architekten-GmbH nicht ein Allheilmittel für die Ausübung des Architektenberufs darstellen kann. Auch die Architekten-GmbH vermag den Architekten nicht vor sämtlichen Haftungsrisiken zu schützen. Neben der schon erwähnten "Durchgriffshaftung" kann ein Architekten-Gesellschafter unter Umständen im Rahmen einer deliktischen Haftung (siehe ...), insbesondere bei Verletzungen von Gesundheit und Eigentum Dritter, mit seinem Privatvermögen in Anspruch gegenommen werden. Solange lediglich die Architekten-Gesellschafter bauvorlageberechtigt sind, werden sie auch einer öffentlich-rechtlichen Ordnungshaftung, u.a. aus entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen, ausgesetzt bleiben. Von Architekten-Gesellschaftern der GmbH gewährte Darlehen können bei drohender Insolvenz u.U. als sog. kapitalersetzende Darlehen in Haftungs- (und damit meist in verlorenes) Kapital umqualifiziert werden. Zu beachten bleiben darüber hinaus insbesondere die nicht unerheblichen Haftungsrisiken eines GmbH-Geschäftsführers, insbesondere bei verspäteter Beantragung des Insolvenzverfahrens.

Negativ im Rahmen einer Architekten-GmbH zu berücksichtigen sind die höheren steuerlichen Belastungen. Ob und inwieweit diese Belastungen durch entsprechend hohe Geschäftsführergehälter und Pensionszusagen ect. in Grenzen gehalten werden können, muss für den Einzelfall entschieden werden. Höhere Kosten sind auch bei der Gründung der GmbH, aufgrund des etwaig doppelten Kammer-Beitrages sowie im Rahmen der Buchführung einzuplanen. Zu beachten bleibt, dass die GmbH Kaufmann im Sinne des Gesetzes ist und damit strengeren Anforderungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr ausgeetzt ist als beispielsweise ein Freiberufler; Auswirkungen kann dies beispielsweise einmal bei der Frage haben, ob gegenüber der Architekten-GmbH verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sind.

Die Vor- und Nachteile der GmbH sollten mit den Vor- und Nachteilen anderer Rechtsformen, insb. der BGB-Gesellschaft, der Partnerschaftsgesellschaft und der Genossenschaft, verglichen werden. Eine Entscheidung für die Architetken-GmbH muss alle Umstände des jeweililgen Einzelfalls berücksichtigen.

Sollte die Entscheidung pro Architekten-GmbH gefallen sein, so müsste vor allem auf die durchdachte Gestaltung des Gesellschaftsvertrages geachtet werden. Die GmbH ist als Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht für die Berufsausübung eines Freiberuflers vorgesehen; schon insoweit bedarf es in mancherlei Hinsicht einer Anpassung. Erwähnt sei hier lediglich, dass das GmbH-Gesetz in vielen wichtigen Regelungen (u.a. Stimmrecht, Gewinnverteilung) an die Kapitalanteile der Gesellschafter anknüpft; diese Anknüfpung erscheint für eine GmbH, deren Gesellschafter im wesentlichen ihre Dienstleistungen, nicht aber Geld einlegen, unangebracht. Die Pflicht zur Einbringung der Arbeitskraft sollte im Einzelnen geregelt werden; in diesem Zusammenhang ist auch ein Wettbewerbsverbot zu erwägen. Das GmbH-Gesetz sieht ein Austritts- (bzw. Kündigungs-)Recht ohne wichtigen Grund nicht vor; hier bedarf es ggfs. gesonderter Regelungen. Die Konsequenzen des Austritts oder des Todes eines Gesellschafters bzw. die Voraussetzungen für Neuaufnahmen sollten vereinbart werden. Eine Bestimmung, nach welcher der GmbH die Nutzungsbefugnisse an Urheberrechten der Architekten-Gesellschafter zusteht, sollte aufgenommen werden.

Bei der Namensgebung der GmbH ist neben der durch das Registeramt vorzunehmenden Prüfung unter Umständen eine weitere Prüfung empfehlenswert, nämlich ob und inwieweit der Name möglicherweise marken-, wettbewerbs- oder standesrechtliche Vorschriften verletzt; hier hat es schon des öfteren unvermutete Abmahnungen durch Kammern und Wettbewerber gegeben. Ist die Zulässigkeit des Namens gesichert, sollte die Architekten-GmbH ihrerseits überlegen, eine Wort- und/oder Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen zu lassen.

Im Hinblick auf die Haftpflichtversicherung ist für einen der Zahl der Gesellschafter und der Größe der Projekte angemessenen Haftpflichtversicherungsschutz zu sorgen; zu achten ist hierbei auch darauf, dass keine zeitliche Lücke im Versicherungsschutz entsteht. Auf Grund der für die Architekten-Gesellschafter verbleibenden Risiken insb. aus deliktischer Haftung, kann meines Erachtens durchaus einmal darüber nachgedacht werden, für die Architekten-Gesellschafter parallel einen angepaßten Haftpflicht-versicherungsschutz zu wahren.

Bei Vertragsschlüssen sollten die Architekten-Gesellschafter Vertragspartner ggfs. auf eine u.U. fehlende Eintragung in die Architektenliste und fehlende Bauvorlageberechtigung der Architekten-GmbH aufmerksam machen. Weiter müssen Honorarvereinbarungen, wenn keine Alleinvertretungsbefugnis vorliegt, von allen Geschäftführern unterzeichnet werden, um die Schriftform gem. § 4 HOAI einzuhalten.

Für die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages sollte unbedingt ein Jurist und ggfs. ein Steuerberater hinzu gezogen werden. Für die GmbH-Geschäftsführer muß geklärt werden, ob sie aufgrund ihrer Anstellung bei der GmbH u.U. sozialversicherungspflichtig werden.